Viele der bekanntesten deutschen Romane behandeln K nstlerschicksale. Doch taucht der Begriff "K nstlerroman" in den literaturtheoretischen Debatten der letzten Jahrzehnte kaum auf. Seit Herbert Marcuses Dissertation (1922) wurde nicht versucht, den Begriff zu etablieren. Das erfolgreichere Bildungsromankonzept verl ngert den subjektivistischen Blickwinkel der idealistischen sthetik. Demgegen ber er ffnet der K nstlerromanbegriff, wie der Verfasser dsieser Studie ihn konzipiert, eine Perspektive, in der sich die viel berufene "Pathogenese des modernen Subjekts" als Reflex eines grunds tzlichen Dilemmas abendl ndischen Denkens darstellt. Von diesem k ndet der jahrhundertealte Konflikt zwischen Rhetorik und Philosophie, Nietzsches Kunstphilosophie bringt ihn auf die aktuellen Nenner und gegenw rtig zeitigt er die Verst rungen, die der dekonstruktivistische Reflexionsansatz hervorruft.
Der K nstlerroman entw chst dem in Deutschland forcierter als andernorts betriebenen Versuch einer sthetischen Subjektbegr ndung und dokumentiert sein Scheitern. Das Spektrum der analysierten Werke reicht von Heinses Ardinghello und den Hauptwerken klassisch-romantischer Literatur, ber Rilkes Malte und Thomas Manns Doktor Faustus bis hin zu Bernhards Untergeher und Ransmayrs Letzter Welt . Diese Studie entwickelt auf poststrukturalistischer Basis eine "verkehrte" Sehweise. Auf der Ebene des Dargestellten verlagert sich das Interesse vom Subjekt des sthetischen Bildungsprozesses auf das Medium dieses Prozesses: die als Bildungsinstrument betrachtete Kunstform. Auf der Darstellungsebene entspricht dem eine Akzentverschiebung vom geistigen auf den materiellen Sprachaspekt, von der Inhalts- auf die Ausdrucksebene, in der sich die traditionelle res-verba-Hierarchie zersetzt. Die behandelten Werke lesen sich in dieser Perspektive als Kryptogramme einer sophistischen Gegenbewegung gegen die idealistischen Hauptstr mungen europ ischer Kultur.