Am 7. November 1775 trat Goethe in den Kreis des Weimarer Hofes. Die im September des folgenden Jahres entstandene Dichtung Seefahrt gilt als biographisch getreuer Spiegel dieser ver?nderten Lebenswelt. Ziel der Untersuchung ist demgegen?ber ein doppeltes: sie zeigt, da dem Gedicht ein genau kalkuliertes poetologisches Programm zugrundeliegt, das Goethe in der Auseinandersetzung mit Salomon Gessners Idylle Der Sturm erprobte; sie entfaltet dar?ber hinaus den anthropologisch grundierten Erfahrungshorizont, in den die Meeresdichtung des 18. Jahrhunderts, von Barthold Heinrich Brockes und James Thomson ?ber Wieland, Mendelssohn und Klopstock bis hin zu Stolberg und Herder, gestellt ist. Die Lebensstimmung, die in Goethes Seefahrt zum Ausdruck kommt, umrei t eine Situation, die den Menschen in der Krisis eines "physisch-moralischen" Konfliktes zeigt. Der Handlungsverlauf des Gedichts, das sich zun?chst als pr?zise Kontrafaktur des Psalms 107 gibt, reflektiert im Kern eine Motivkonstellation, die sich als beinahe centonenhafte ?berformung horazischer Dichtungen herausstellt. Herders Odenkonzept und Diderots Dramentheorie haben die strukturelle Einheit der Dichtung wesentlich gepr?gt. Zwanzig Jahre sp?ter hat Goethe diesen "physisch-moralischen" Konflikt zu einer ?sthetisch-sittlichen Spannung umgedeutet: Alexis und Dora ist der spielerische Reflex einer Lebensform, die, wie in der Dichtung Seefahrt , die L?sung des Konflikts bewu t verweigert. Der Band enth?lt neben einem Ausblick auf die Meeresdichtung Heines, Baudelaires und Rimbauds sowie einem detaillierten Register den Erstdruck von Herders Horaz-Adaption An ein Schiff .